Alterszentrum Turm-Matt AZTM - «der Mensch im Mittelpunkt»

Die Turbulenzen um das AZTM haben in jüngster Vergangenheit die Bürgerinnen und Bürger von Wollerau aufgeschreckt. Erstmals in der Geschichte musste die Gemeinde eine bedeutende Summe in die Hand nehmen um die Stiftung mittels Nachkredit von CHF 700'000 zu retten. Die Konstellation mit einer Stiftung, in der die Gemeinde Wollerau die einzige Stifterin und somit Geldgeberin ist und dabei eine Stimmenminderheit besitzt, ist aussergewöhnlich. Wie die schlingernde Stiftung aus ihrer Schieflage geholt werden soll, wollte die FDP.Die Liberalen genauer erfahren und führte mit dem designierten Stiftungsratspräsidenten und Gemeinderat Gesellschaft Stefan Blum (FDP) ein Interview.

Stefan Blum, Vize-Präsident Stiftung Alterszentrum Turm-Matt auf den Zahn gefühlt.

Die Turbulenzen um das AZTM haben in jüngster Vergangenheit die Bürgerinnen und Bürger von Wollerau aufgeschreckt. Erstmals in der Geschichte musste die Gemeinde eine bedeutende Summe in die Hand nehmen um die Stiftung mittels Nachkredit von CHF 700'000 zu retten. Die Konstellation mit einer Stiftung, in der die Gemeinde Wollerau die einzige Stifterin und somit Geldgeberin ist und dabei eine Stimmenminderheit besitzt, ist aussergewöhnlich. Wie die schlingernde Stiftung aus ihrer Schieflage geholt werden soll, wollte die FDP.Die Liberalen genauer erfahren und führte mit dem designierten Stiftungsratspräsidenten und Gemeinderat Gesellschaft Stefan Blum (FDP) ein Interview.

 

Stefan Blum was hat Sie bewogen das Präsidium der Stiftung von Rudolf Honegger ab 19.2.2014 zu übernehmen?

 

Um diese Frage zu beantworten muss ich kurz ein paar Fakten aus der Geschichte bemühen: Der Gemeinderat wählte mich an seiner Sitzung vom 16. Dezember 2013 als Nachfolger von Rudolf Honegger ab 20.2.2014 zum Präsident des Stiftungsrat Alterszentrum Turm-Matt. Ich wurde vom Gemeinderat am 18.2.2013 in den Stiftungsrat gewählt und sollte zusammen mit Alfred Böni, der am 20.2.2013 überraschend seine Demission einreichte, die Vertretung der Gemeinde sicherstellen. Für mich war klar, dass ich der spürbaren Dissonanz zwischen Stiftungsrat und Gemeinderat nach der finanziellen Rettung der Stiftung mittels Nachkredit über CHF 700'000 im Geschäftsjahr 2013 entgegentreten wollte. Die Einführung der Pflegefinanzierung ab 1.1.2011 führte im Geschäftsjahr 2012 zu einem hohen Verlust und per 31.12.2012 zu einer Überschuldung der Stiftung. Die Gemeinde stellte das notwendige Eigenkapital und die Liquidität wieder her. Damit war die Stiftung technisch saniert. Diese Ereignisse bewogen den Gemeinderat einen externen Fachexperten für eine vertiefte Analyse des Pflegezentrums zu beauftragen und Massnahmen zur Behebung vorzuschlagen. Grosse Herausforderungen ergaben sich im Bereich Kader und Personal mit der Kündigung der Leitung Pflege per 1.10.2013 nach Wiedereintritt der Zentrumsleiterin, die für mehrere Monate krank geschrieben war und ein Führungsvakuum hinterliess. Der Gemeinderat entschloss sich darauf via Stiftungsrat zu intervenieren und neue Führungskräfte zu verlangen. Meine Beweggründe waren, um auf ihre Frage zurückzukommen, rein sachlicher Natur um sicherzustellen, dass das Alters- und Pflegezentrum wieder zur Ruhe kommt. Dies zum Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner und damit wir gezielt an den Aufgaben der Zukunft arbeiten können. Ich trage als zuständiger Gemeinderat Gesellschaft am Ende die politische Verantwortung dieser Massnahmen und nehme meine Aufgaben sehr ernst.

 

Die Konstellation mit einer Stiftung, in der die Gemeinde Wollerau als einzige Stifterin und somit Geldgeberin eine Stimmenminderheit hat, ist aussergewöhnlich und für alle Involvierten eine grosse Herausforderung. Das wurde bereits mehrmals von Dritten moniert. Es war nicht einfach den Stiftungsrat für notwendige Änderungen zu überzeugen. Grundsätzlich werden alle Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Alters- und Pflegezentrum Turm-Matt von den Gremien Betriebsleitung, Stiftungsrat und Gemeinderat gefällt und nicht von einzelnen Exponenten.

 

Wie schaffen Sie den Spagat vom «Strukturierer» zum Menschenfreund?

 

Unsere Gemeinderäte, mich eingeschlossen, sind keine ausgebildeten Heimleiter oder Fachexperten des Gesundheitsmarktes. Diese Fachkompetenz haben wir uns bei einem externen Experten – Herrn Clemens Hauser – geholt und dabei viel gelernt. Meine Ausbildung, mein beruflicher Werdegang und die Erfahrung aus 30 Arbeitsjahren erlauben mir fundierte Analysen von Unternehmungen, inklusive öffentlich-rechtliche Körperschaften, zu machen und Prozesse schnell zu verstehen. Das hilft mir richtige Schwerpunkte zur richtigen Zeit zu setzen. Mein persönliches Handeln ist von einer humanistischen Grundhaltung geprägt. Als Gemeinderat Ressort Gesellschaft trage ich die politische Verantwortung für die Jugend wie auch für unsere älteren Bürgerinnen und Bürger. Diesen Spagat schafft man nur mit dem notwendigen Respekt gegenüber allen Mitmenschen.

 

Wohin führt Ihr Konzept?

 

Ich habe kein eigenes Konzept! Ich habe Aufgaben, die durch Gesetze und Verordnungen auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene insbesondere in der Fürsorge oder dem Asylwesen gegeben sind. Mein Einfluss beschränkt sich im Handeln auf das richtige Timing, korrekte Empfehlungen und vor allem Motivationsarbeit bei den Mitarbeitenden. Ich bin überzeugt, dass mein Einfluss zu positiven Resultaten führen wird. Von einer verbesserten Situation profitieren ja alle. Als vordringlich erachte ich nun die Integration der neuen Führungskräfte im AZTM und eine professionelle Koordination der Dossiers – Alters- und Pflegezentrum Turm-Matt, Alterswohnungen Bächlipark und Nebauprojekt Pflegezentrum Turm-Matt.

 

Das tönt gut, aber wie pragmatisch wirkt sich die Situation heute auf die Bewohner aus?

 

Wir haben die notwendige Reorganisation im Alters- und Pflegezentrum innert kurzer Zeit, dank professioneller externer Beratung, durchführen können. Als ersten Schritt haben wir Esther Stössel als neue Pflegedienstleiterin ab 1.2.2014 verpflichtet. Motiviert wird Sie den Bereich Pflege übernehmen und gemeinsam mit unseren ausgezeichneten Mitarbeitenden professionell sicherstellen. Das wird sich auch spürbar positiv auf die Heimbewohner auswirken. In der Pflege steht der Mensch, so ausgeprägt wie in keinem anderen Bereich, im Mittelpunkt.

 

In einem zweiten Schritt haben wir Oliver Hofmann als neuen Zentrumsleiter ab 1.5.2014 verpflichten können. Er wird zusammen mit Herrn Roland Nietlispach, der den Betrieb nicht zum ersten Mal mit grossem Geschick und viel Erfahrung ad interim führt, das Alters- und Pflegezentrum Turm-Matt in die Zukunft führen. Herr Hofmann verfügt über sehr breite Erfahrung in der Heimleitung wie auch weiteren Schlüsselbereichen des Gesundheitsmarktes. Die Betriebsleitung wie auch der Stiftungsrat freuen sich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm.

 

Der Stiftungsrat wird auch die Wiedereinsetzung einer Heimkommission prüfen um noch klarer eine Trennung der strategischen von der operativen Arbeit zu vollziehen. Damit werden optimale Voraussetzungen für ausgewogene Entscheidungen zum Wohl der Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen.

 

Wann sind die Finanzen nach Ihrer Ansicht wieder im Lot? Oder braucht es bald einen weiteren

Nachkredit?

 

Die Bilanzstruktur ist Dank des Sanierungsbeitrages unserer Gemeinde wieder im Lot. Unser Ziel ist vorerst eine schwarze Null zu schreiben um diese Struktur und positive Ausgangslage nicht wieder zu gefährden. Wir behalten die Entwicklung sehr gut im Auge und arbeiten an Massnahmen um die Betriebsrechnung weiter positiv zu beeinflussen. Am 1.4.2014 werden 3 weitere, sehr attraktive Einzelzimmer im 4. Stock zur Verfügung stehen. Ein finanziell gesunder Betrieb ist handlungsfähig und kann viel besser auf Anliegen der Bewohnerinnen und Bewohner eingehen als ein finanziell angeschlagenes Unternehmen.

 

Ist eine Stiftung für die Zukunft die richtige Trägerschaft? Macht man sich im GR bereits Gedanken

darüber?

 

Ich bin überzeugt, dass das Modell Stiftung und Gemeinde als Trägerschaft seine Berechtigung hat. Unsere Nachbargemeinde Feusisberg lebt uns dieses Modell ja sehr erfolgreich vor. Als Stiftungsratsmitglied des ‚Alterszentrum am Etzel' habe ich genügend Einsicht in die Abläufe. Voraussetzung ist aber, dass die Trägerschaft mit der Geldgeberin (es können auch mehrere sein) ein einvernehmliches Verhältnis hat. Der Einfluss der Gemeinde Wollerau auf die Stiftung Turm-Matt ist limitiert. Das kann bei Dissonanzen schnell zu Diskussionen führen. Erfolgreiches Management hat viel mit Kommunikation, Transparenz, und Lernfähigkeit zu tun.

 

Warum war der Stifungsrat bis anhin operativ tätig?

 

Die bestehende Organisationsstruktur unseres Alters- und Pflegezentrum Turm-Matt lädt zu einer Vermischung von operativen und strategischen Aufgaben geradezu ein. Die Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat, die Betriebsleitung und die Revisionsstelle. Somit rapportiert die Zentrumsleitung direkt dem Stiftungsrat (im AZTM in der Praxis dem Präsident des Stiftungsrats), was ich als wenig zielführend erachte. Damit werden strategische und operative Aufgaben vermischt. Die Zentrumsleitung sollte sich bei operativen Fragen an eine Heimkommission und bei Unklarheiten an das Amt für Gesundheit und Soziales in Schwyz wenden und nur bei strategischen Fragen an den Stiftungsrat. Die Zentralschweizer BVG – und Stiftungsaufsicht (ZBSA) empfiehlt bei Pflegeheimen eine Betriebs- oder Heimkommission zu etablieren (Quelle: Dr.iur RA Oskar Henggeler, Stv. Geschäftsleiter ZBSA, Luzern).

 

Warum hat der GR nicht bereits früher mehr Einfluss auf den Stiftungsrat genommen? Uns scheint, die Aufsicht wurde nicht optimal ausgeführt. Wo war da der Kanton?

 

Wir waren im Stiftungsrat bis Februar 2013 durch Säckelmeiste Fredi Böni vertreten. Er hat im Jahr 2012 Unzulänglichkeiten in der Betriebsführung dokumentiert, aber im Stiftungsrat keine Mehrheit gefunden und danach seinen Austritt erklärt. Die Konstellation unabhängiger Stiftungsrat und Gemeinde als einzige Stifterin funktioniert nur, wenn alle Exponenten am gleichen Strick ziehen und sich in den Sachfragen einig sind. Das war in den vergangenen 2 Jahren nicht der Fall und das Resultat kennen sie ja.

 

Sie haben in kürzester Zeit eine Herkulesaufgabe angenommen und umgesetzt. Chapeau! Können

Sie uns ungefähr ihren persönlichen Zeitaufwand deklarieren?

 

Die Aufgabe war fürwahr ein Kraftakt und ich habe manche schlaflose Nacht erlebt um an der Lösung der Aufgabe zu arbeiten. Ein Pflegezentrum ist ja nicht einfach eine Handelsfirma, der man über Nacht ein neues Kleid verpasst und die Exponenten via Verwaltungsratsentscheid auswechselt. Ich habe 2013 ca. 1'500 Stunden für den Gemeinderat gearbeitet und davon schätzungsweise einen Drittel für das Dossier ‚Turm-Matt' eingesetzt. Erschwerend kam dazu, dass ich 2013 aufgrund besonderer Umstände keine Abteilungsleitung im Ressort Gesellschaft als Unterstützung zur Verfügung hatte. Ohne unseren Gemeindeschreiber Peter Trachsel und besonnener Exponenten des Stiftungsrats wäre es mir nicht gelungen in so kurzer Zeit erfolgreich zu sein.

 

Gerät das Milizsystem so aus den Fugen? Wie lange tun sie sich das noch an?

 

Das Milizsystem gerät meines Erachtens nicht allgemein aus den Fugen. In Wollerau ist aber die Überlegung nach einer Professionalisierung bestimmter Ressorts angebracht. Ich war 2013 praktisch vollamtlich für die Gemeinde tätig mit dem Resultat, dass einige Altlasten in meinem Bereich bereinigt werden konnten. Ein zweites Jahr im gleichen Umfang wie 2013 würde aber mich und meine Familie definitiv überfordern und Konsequenzen nach sich ziehen.

 

Stefan Blum, hochpolitische Fragen stehen für die Zukunft an. Wer baut, wer betreibt und wer

besitzt das neue geplante Pflegezentrum? Hier geht es doch um rund 40 Millionen Anlagekosten.

das ist happig.

 

Diese Frage habe ich erwartet. Der Gemeinderat hat 2013 aus gutem Grund entschieden, nicht notwendige Aktivitäten zum Neubauprojekt Pflegezentrum vorläufig zu sistieren. Das gilt bis heute. Prioritär sollen der bestehende Betrieb und die Trägerschaft gestärkt werden. Es stehen aber auch im laufenden Jahr 2014 Entscheide an. Herr Hofmann hat als neuer Zentrumsleiter AZTM mitunter den Auftrag, diese Frage anzugehen und dem Stiftungsrat und Gemeinderat entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Letztendlich wird diese zentrale Frage von den Bürgerinnen und Bürger von Wollerau aufgrund einer Sachvorlage zu beantworten sein.